Geschichte des Bäckerhandwerks
im Dachauer Land und der Bäckerinnung Dachau

Teil 1: Das ehrsame Bäckerhandwerk

Gewerblich betriebene Bäckereien zur Versorgung der Stadtbewohner mit Backwaren gab es seit der Zeit der Griechen und Römer. Besonders anschauliche Informationen über die Organisation und das Arbeiten in Bäckereien sind aus der römischen Stadt Pompeji bekannt; sie war durch einen verheerenden Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr. verschüttet worden.

Das Brot hatte damals als eine der Haupternährungsquellen eine große Bedeutung. In 31 Bäckereien in den verschiedenen Stadtvierteln Pompejis wurden verschiedene Brotwaren hergestellt.

Wir dürfen annehmen, daß auch in den römischen Städten nördlich der Alpen schon in den ersten Jahrhunderten nach der Zeitenwende Bäcker ihr Handwerk ausübten.
Der von den Römern gesetzte Standard bei der Brotherstellung und vor allem dem Backofenbau konnte nach dem Zusammenbruch des (West-) Römischen Reiches erst im Hochmittelalter – jedoch nur teilweise – wieder erreicht werden; erst im Lauf des 19. Jahrhunderts sind dann völlig neue Backofenkonstruktionen und mechanische Knethilfen eingeführt worden.

Nach dem Untergang des Römerreiches im Chaos der Völkerwanderungen versiegen für einige hundert Jahre sämtliche literarischen Informationsquellen. Nachrichten über Bäcker (und auch andere Handwerker) erlangen wir erst im frühen Mittelalter wieder, wo sie in Gesetzen (Lex Alamannorum 710/720 n. Chr.) und Verordnungen (Capitulare de villis von Karl dem Großen im Jahr 812) erwähnt werden, weil diese Berufe besonders schützenswert oder förderungswürdig waren, da sie für die Verpflegung des umherreisenden königlichen oder kaiserlichen Hofstaates große Bedeutung hatten.

Im Althochdeutschen wird die Tätigkeit des Bäckers mit pachan, bahhan, backan bezeichnet, im jüngeren Mittelhochdeutschen dann als bachen, wie es heute noch im Dialekt auch vorkommt.
In den mittelalterlichen lateinisch geschriebenen Urkundentexten wird der Bäcker Pistor genannt aus dem sich das althochdeutsche Wort Pfister (auch: phistur, Fister) herleitet. Daneben taucht in den Quellen auch die Bezeichnung Peck(h) bzw. Beck(h) oder Bäck(h) auf.

Vor allem Klöster unterhielten Mühlen, Bäckereien und Brauereien (vgl. den St. Gallener Klosterplan aus dem 10. Jh.). Die damaligen Bäcker, die meist auch die Aufgaben des Müllers übernahmen, übten jedoch noch kein eigenständiges Gewerbe aus, sondern waren aufs engste mit Kloster oder Fürstenhof verbunden. Erst mit den vermehrten Städtegründungen des 11. und 12. Jahrhunderts, also im Hochmittelalter, kam es unter anderem auch zur Entwicklung des Bäckerhandwerks, da die städtische Bevölkerung auf eine organisierte Versorgung mit Nahrungsmitteln angewiesen war.

Organisation der Bäcker in Zünften

Aus dem 12. Jahrhundert liegen uns dann nicht nur zunehmend mehr Informationen über Bäcker und deren Handwerksausübung vor, sondern auch über ihre betriebsübergreifende Organisation, d. h. den ständischen Zusammenschluss in Bruderschaften oder vielmehr noch in den sogenannten Zünften bzw. Gilden.

Diese organisierten Gemeinschaften boten den Mitgliedern wirtschaftliche und soziale Sicherheit, indem sie bei der Rohmaterialbeschaffung halfen, Preise, Qualität und -Quantität der Produkte festsetzten bzw. kontrollierten und die Anzahl der Lehrlinge (inklusive deren Ausbildung) und Gesellen sowie deren Vergütung regelten.

Die Zunftzugehörigkeit war obligatorisch, um ein Handwerk ausüben zu dürfen. Die mittelalterlichen Marktordnungen regelten mit dem Probebacken und der Brotschau Größe, Qualität und Preis der Backwaren. Alljährlich fand ein solches kontrolliertes Brotbacken statt. Brotbeschauer der Zunft überprüften die Einhaltung der Vorgaben.

Die Schutzpatrone der Bäcker sind die heilige Elisabeth von Thüringen († 19. November 1231), der heilige Nikolaus von Myra († 6. Dezember um das Jahr 350), der oft mit drei goldenen Broten dargestellt wird und der heilige Bischof Autbertus von Cambrai und Arras († 13. Dezember 669), dem als Attribute Brot und Bäckerschaufel beigegeben sind.

Im Laufe der Zeit kam es innerhalb der Handwerke zu Spezialisierungen: bei den Bäckern unterschied man hauptsächlich Schwarz- und Sauerbäcker, die alle Roggen- und halbweißen Brotsorten herstellten, bzw. Weiß- und Süßbäcker, die Hefeteig- und Milchbrotwaren sowie auch Kuchen fertigten. Weitere Spezialisten waren die Lebzelter (Lebküchner oder auch Pfefferküchler) und die Zuckerbäcker. Den Bäckern stets eng verbunden waren die Müller und Melb(l)er, die Mehlhändler.

Stich der Bäcker

Der Bäcker. Es nehret und lehret: Herr, der du schaffst das liebe Brod, die Stütze zu dem schwachen Leben. Vor deiner huld weicht unsere Noth, wirst du dich selbst zum Brod uns gebe.
O Himmel-Brod mach ewig satt, die Seele, die vom Hunger matt.
Bildvorlage (Kupferstich) aus: Christoff Weigel, Abbild und Beschreibung der Gemein-Nützlichen Haupt-Stände: von denen Regenten und ihren so in Friedens- als Kriegs-Zeiten zugeordneten Bedienten an biss auf alle Künstler und Handwercker, Verlag Christoph Weigel d. Ä., Nürnberg 1698.

Die Bäcker in Markt und Land Dachau

Die Bäckerzunft zählte auch in Dachau zu den ältesten. Von Anfang an gehörten ihr nicht nur die bürgerlichen Meister des Marktes Dachau, sondern auch die im Bereich des Landgerichts Dachau ansässigen Landmeister an. Die frühesten urkundlich bezeugten Bäcker aus Dachau sind 1392 und 1394 Chunrat Hawslaib sowie Hans Vachen (im Zeitraum 1418 – 1421) und Chuntz Vachen (1438). Sehr wahrscheinlich bestand die Dachauer Bäckerzunft zu dieser Zeit schon, zumal die Müller derzeit bereits in einer Zunft zusammengeschlossen waren.

Archivalisch kann die Zunft der Bäcker in Dachau erst durch einen Eintrag in der Kirchenrechnung von St. Jakob von Anno 1627 belegt werden.
Im Jahr 1645 hatten acht Bäcker die Bäckergerechtigkeit im Markt Dachau, 1711 und 1770 ebenso viele; 1832 waren es sieben.

Im Dachauer Land waren Bäcker (und auch Metzger) überwiegend nur an Orten mit einer stärker ausgeprägten Handwerkerstruktur, d. h. produzierendem Gewerbe, ansässig. Auf den Weilern oder kleineren, bäuerlichen Dörfern versorgten sich die Bauern selbst. Jeder Hof hatte seinen Backofen oder es gab ein Gemeindebackhaus.

Das Bäckerhandwerk in der Neuzeit

Das bayerische Gewerbegesetz vom 11. September 1825 hob jede Zwangszugehörigkeit zu zünftigen Zusammenschlüssen des Handwerks auf. Dieser von oben verordnete erste Schritt hin zur völligen Freiheit des Gewerbes löste bei vielen Ängsten vor zunehmender Proletarisierung und drohendem Ruin aus. Mit dem Beitritt Bayerns zum Deutschen Zollverein 1833 schien sich die empfundene existenzielle Bedrohung der Gewerbetreibenden noch zu verschärfen. Von da an entstanden vermehrt auf freiwilliger Basis nach Vereinsrecht gegründete Gewerbevereine.

Schließlich ist in Bayern per Gesetz durch den Erlaß der bayerischen Gewerbeordnung vom 30. Januar bzw. 1. Mai 1868 die vollständige Gewerbefreiheit eingeführt worden. Von da an bestand keinerlei Konzessionspflicht mehr für das Bäckerhandwerk, was zu einem spürbaren Anstieg des Konkurrenzdruckes führte und die Gefahr beinhaltete, dass von schlecht ausgebildeten Personen dieses Handwerk betrieben wurde (Stichwort „wilde Bäckereien“).

Die Reichsgründung 1870/71 hatte für Bayern zur Folge, dass ab dem Jahresbeginn 1875 die Reichsgewerbeordnung (RGewO) rechtsverbindlich wurde. Nicht lange danach sind dann reichsweit Handwerkskammern eingerichtet sowie Innungen und (Teil-)Landesverbände gegründet worden. Die berufsständische Organisation der Bäcker erreichte eine immer höhere Dichte. Vor allem im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts läßt sich für das Bäckerhandwerk eine Gründungswelle von Innungen feststellen. Überregional waren die Bäckerinnungen in Bayern in den drei Teilverbänden „Bavaria“, „Schwaben“ und „Franken“ organisiert, die wiederum Mitglieder des 1874 gegründeten Zentralverbandes deutscher Bäckerinnungen „Germania“ waren. Der Landesinnungsverband des Bayerischen Bäckerhandwerks ist 1947 gegründet worden.

Durch die am 18. Juli 1881 erlassene Gesetzesnovelle „Neuregelung des Innungswesens“ („Innungsgesetz“) erhielten die Handwerksverbände („Gewerbevereine“) wieder den Charakter einer öffentlich rechtlichen Körperschaft, die zur Ausbildung von Lehrlingen und zur Einrichtung von Ausschüssen berechtigt waren.

Backutensilien

Geräte und Ausstattung für Bäckerei und Konditorei – Werbung der Firma Theodor Krüger,
Dresden von 1896 in der Münchner Bäckerzeitung „Die Bäckerei“.
Bildvorlage aus: „Die Bäckerei“ vom 1. Feb. 1896.


Die Texte und Abbildungen sind der Schrift Die Bäcker und ihr Handwerk im Dachauer Land – Geschichte, Tradition und Organisation. Einhundert Jahre Bäckerinnung Dachau 1910 bis 2010 (von Johannes Haidn, hrsg. von der Bäckerinnung Dachau 2010) entnommen. Dort auch alle Quellenangaben.
Das Buch ist für 26,95 € bei der Kreishandwerkerschaft Dachau, Augsburger Straße 33, erhältlich.

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